Erklärung der KP der Türkei – 1920 zur Beisetzung von Şiko Yoldaş

HEUTE haben wir uns mit einer Trauerfeier auf dem Friedhof Berlin-Niederschönhausen von unserem am 20.11.2021 verstorbenen Genossen Şiko (Kîkan von Freyberg – Ali Durak) verabschiedet. An der Trauerfeier haben in Deutschland und in Berlin lebende Freunde und Genossen teilgenommen – deutsche, kurdische, türkische, armenische, tscherkessische und aus anderen Völkern stammende Menschen der Türkei. Sein Sarg war mit der kurdischen Fahne und mit der Fahne der TKP 1920 bedeckt und wurde von den Teilnehmern des Trauerzuges zu seiner letzten Ruhestätte gebracht. Während des Zuges wurden deutsche und türkische Arbeiterlieder von einer deutschen Genossin am Akkordeon gespielt und von Mitgliedern des Arbeiterchors der ATTF gesungen.

An seinem Grab wurde gemeinsam das TKP-Lied angestimmt, danach hat Genosse Savaş Yener eine kurze Rede gehalten. Unter dem Gesang der Internationalen wurde Genosse Şiko zur ewigen Ruhe verabschiedet.

Unten veröffentlichen wir die Rede von Genossen Yener.    

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

Heute verabschieden wir uns von unserem lieben Freund und Genossen Kîkan, Şiko. Wie angekündigt werden wir später, wenn die Corona-Einschränkungen gelockert werden, eine Gedenkveranstaltung im April oder Mai durchführen. Wir werden euch rechtzeitig informieren und hoffen, dass ihr alle wieder dabei seid.

Heute möchte ich an seinem Grab über Kîkan nur so viel sagen: Er war ein Kommunist, ein kurdischer Kommunist, er war Mitglied des Zentralkomitees und des Politbüros der Kommunistischen Partei der Türkei, der TKP. Er war ein hartnäckiger, konsequenter Kämpfer für den Frieden und Sozialismus, für die Freiheit und für Gerechtigkeit, ein Kämpfer gegen Unterdrückung und Ausbeutung des Proletariats in der Türkei und international. Er war ein standhafter Verteidiger des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus.

Nach den Verhaftungen in den 50er Jahren, denen die gesamte Parteiführung zum Opfer gefallen war, hat er sich in den 70-er Jahren führend am Neuaufbau der TKP beteiligt. Er hat mit seinem unermüdlichen Einsatz den 73-er Aufschwung der Partei maßgeblich mitgeprägt. So konnte unsere Partei wieder in den antiimperialistischen, antikapitalistischen und antifaschistischen Kämpfen der Arbeiterklasse und der Völker der Türkei aktiv mitwirken und sie mitorganisieren.

Insbesondere setzte er sich für den Kampf des kurdischen Volkes um seine nationalen und kulturellen Rechte, sein Selbstbestimmungsrecht, ein. Das aber war nur möglich in einem konsequenten Kampf gegen eine Politik des türkischen Staates, die schon die bloße Existenz des kurdischen Volkes verneinte. Dieser Staat schmähte den Freiheitskampf der Kurden als terroristisch und verfolgte und verfolgt ihn bis heute barbarisch und blutig. Jede Form der Beharrung auf dem Existenzrecht als Kurde wurde vom türkischen Staat unterdrückt, gleichgültig, ob sich Kurden gegen die zahlreichen entwürdigenden Benachteiligungen wehrten oder gegen rassistischen Kränkungen, Verfolgungen, Inhaftierungen und Morde.

Die Befreiung der Arbeiterklasse und des kurdischen Volkes, ein gleichberechtigtes, friedliches Zusammenleben der Völker der Türkei in einer demokratischen Republik und ein friedliches Zusammenleben der Völker des Nahen Ostens – das waren der Inhalt seines Kampfes und seines Lebens.

Dieser Kampf ist noch lange nicht zu Ende gekämpft. Kîkan war zuversichtlich, dass die Völker über die Diktaturen und Tyrannen siegen werden  -so wie es in der Legende vom Schmied Kawa erzählt wird, der einst das kurdische Volk zum erfolgreichen Kampf gegen den Tyrannen Zohak geführt hatte.- Heute setzt das kurdische Volk diesen Kampf unter Führung von Öcalan gegen den Diktator Erdogan und gegen die anderen Tyrannen im Nahen Osten fort. Gemeinsam mit dem kurdischen Volk werden die Völker des Nahen Ostens, die Arbeiter und Bauer, die Werktätigen die Diktatoren und Tyrannen besiegen. Zu diesem gemeinsamen Kampf hat Genosse Şiko uns verpflichtet.

Nach der Zerstörung unserer Partei im Prozess der Vereinigung mit TIP und mit anderen Parteien hat Kîkan den Wiederaufbau der TKP begonnen. Er hat nicht akzeptiert, dass der Staat den Namen der TKP weiterhin in Misskredit bringt, für seine Zwecke missbraucht. Die TKP sollte wieder als Führerin der Arbeiterklasse und des werktätigen Volkes der Türkei gemäß den politischen Prinzipien von Mustafa Suphi und Bilen, den Führern unserer Partei,  eine bedeutende Rolle spielen können. Wir werden diesen Kampf in seinem Sinne weiterführen und er wird in unseren Kämpfen weiterleben.

Heute nur so viel über ihn. In der oben angekündigten Gedenkveranstaltung werden wir ausführlich über seinen Kampf und über sein Leben berichten. Ich danke euch für eure Teilnahme an seiner Beisetzung.

Unter uns ist Frau Meline Pehlivanyan, die Tochter des Genossen Aram Pehlivanyan. Viele von uns kennen ihn mit dem Parteinamen Ahmet Saydan, der ein Armenier und Mitglied des Politbüros der KP der Türkei war. Zwischen dem Genossen Aram und Şiko Yoldas herrschte eine enge Freundschaft in den schwierigen Exiljahren in Leipzig. Später pflegte Meline diese Freundschaft weiter. Dafür sei dir Dank, liebe Meline. Das war eine große Unterstützung für Kîkan.

Eine Nichte von Kîkan, Hülya ist unter uns und sie vertritt die kurdische Seite der Familie. Aber auch eine andere Nichte, Lisa, ist bei uns und vertritt die deutsche Seite seiner Familie – zusammen mit Jutta, mit der Kîko 18 Jahre lang verheiratet war.

Dir, liebe Jutta, möchte ich einen besonderen Dank sagen. Es war schön, dass wir gemeinsam die letzten Jahre von Kîkan begleitet haben. Dein Erscheinen bei jeder Schwierigkeit war für Kîkan und für mich immer eine große Unterstützung. Auch, dass wir uns telefonisch immer wieder zu gemeinsamen, oft nicht leichten Entscheidungen durchringen konnten. Mit deinem ruhigen Auftreten hast du uns immer wieder Optimismus gegeben.

Noch einmal der Hinweis: Ausführlicher wollen wir in unserer Gedenkveranstaltung über Kîkans Leben berichten.

Nochmals danke Ihnen, euch allen.

TKP – 1920

Berlin, den 11. Januar 2022